Preußisches Bleisatz-Magazin
Vom Kommenden

Gastbeitrag: Gottes Antworten an den Preußen 3.413 views 15

Lieber Georg,
ich habe Deine Fragen erhalten. Nein, sauer bin ich nicht. Mich darf jederzeit jeder fragen, was immer ihm oder ihr auf dem Herzen liegt. Ich antworte auch tatsächlich immer — joh, Mann… das ist halt die Krux, wenn man Gott ist. Ich kann gar nicht anders. Oder ich sage es lieber anders: Ich könnte eine Antwort natürlich verweigern, aber soviel Zeit ist immer. Ihr müßt dann nur auch wirklich zuhören. Oft geht meine Antwort zwar bei Euch ein, aber Ihr bekommt sie nicht mit. Das kann ich dann leider auch nicht ändern. Aber da ich tatsächlich alle Blogs der Welt als RSS-Feed mitlese — auch Deinen Preußen-Blog habe ich abonniert — funktioniert die Kommunikation zwischen uns beiden schon, keine Sorge.

Du stellst mir sehr naive Fragen, auf die es im Grunde genommen keine Antworten gibt. Das weißt Du? «Naiv» ist nicht zwangsläufig negativ gemeint. Grundsätzlich meine ich damit kindliche Fragen im besten Sinne. Dein Leser, der G. Voost hat es in seinem eigenen Blog-Eintrag ganz gut auf einen Nenner gebracht: Der Tod gehört zum Leben. Ohne den Tod wäre ein Leben nicht möglich und ein Leben ohne Tod wäre sinnlos, weil es keine Weiterentwicklung mehr gäbe. Dazu kommt: Wie wolltet Ihr Euch ernähren, wenn zwar immer mehr von Euch geboren würden, aber niemand stirbt? Naja, der Meister Voost mag also recht haben, aber das hilft Dir natürlich nicht viel weiter. Ohne jetzt herzlos klingen zu wollen: Fast jeder von Euch geht mit dem Thema Tod sehr schizophren um. Einerseits wißt Ihr, wie das so läuft mit dem Tod und wozu er gut ist. Andererseits habt Ihr Angst, wenn er Euch als Individuum betrifft. Aber das liegt halt so in Eurer Natur. Das kann man Euch nicht vorwerfen.

Jetzt aber einmal konkret zu Dir: Im Alter von gerade einmal 16 Jahren hast Du Dir eine Hepatitis-C eingefangen, mh? Dumme Sache, eindeutig. Aber was soll’s? Passiert ist passiert. Jetzt wirst Du im Sommer 55 Jahre alt. Hast diese Hep C also tatsächlich fast 40 Jahre lang überlebt. Und das ohne Komplikationen. Nie hat Dir irgendwas weh getan, Deine Leber hat trotz der Krankheit immer relativ brav mitgespielt. Du hast eine Frau gefunden, die, obwohl Du ihr Deine Lebensgeschichte erzählt hattest, immerhin fast 25 Jahre zu Dir gestanden hat und Dir eine Tochter und einen Sohn geschenkt hat. Ist das nichts? Du solltest übrigens nach der Trennung Deiner Frau diese Beziehung einmal nicht vom Ende aus betrachten, sondern von Beginn an. Vergiß den Scheiß der letzten Jahre und erinnere Dich doch einmal an die guten Zeiten zu Anfang Eurer Ehe. Freu‘ Dich und sei dankbar, daß Du das überhaupt hast erleben dürfen. (Nee, Du sollst nicht MIR dankbar sein, Du Torfkopp, sondern IHR. Daß sie’s so lange mit Dir ausgehalten hat.) Diese Frau war gut für Dich. Ihr habt Euch auseinanderentwickelt und nun seid Ihr getrennt — fertig. Dazu ist sie ja auch noch Buddhistin mit ausgeprägtem Philo-Semitismus. Etwas durchgeknallt, finde ich. Und sowieso nicht gerade meine Baustelle, mh? Dazu kommt noch: Du machst jetzt, als Alleinstehender nicht unbedingt einen gänzlich unglücklichen Eindruck auf mich, mh? Also lass‘ es dabei, freu‘ Dich an Deinen erwachsenen Kindern, sofern sie es zulassen. Und falls sie Dir das verweigern, ist das ihre Entscheidung, nicht Deine. Ich sehe schon, daß ich mir dann deren Scheiß‘ irgendwann einmal werde anhören müssen. Naja, gut. Das ist halt so. Soviel zum allgemeinen Teil meiner Antwort auf Deine Fragen. Und falls die als Aufforderung zum Trost gemeint waren: Lies diesen Teil richtig und Du kannst Frieden mit Dir selbst finden.

Aber nun zum konkreten Teil: Verstehe bitte, daß ich als Gott zwar alles weiß; auch, was passieren wird. Aber es gehört zu meinem Prinzip, daß ich die Dinge sich selbst entwickeln lasse und nicht aktiv eingreife. Man muß auch delegieren können. Ich habe mit Deinem Schutzengel gesprochen, der macht sich gerade bereit und fährt das volle Programm für Dich hoch. Und ich denke, bei ihm bist Du in guten Händen — hat doch die letzten 55 Jahre auch funktioniert. Warte jetzt erst einmal in Ruhe ab, was Deine Ärzte sagen. «Halbgötter in Weiß» ist natürlich nur ein blöder Witz. Diese Weißkittel wissen genau, wie wenig sie eigentlich wissen. Aber ich lasse sie ganz gern herummurksen. Letztendlich — jawohl, auch ich, Dein Gott, bin Rheinländer — kütt et sowieso, wie et kütt. Also mach‘ Dir keinen Hals.

Seit ein paar Tagen bekomme ich auch regelmäßig deutliche Baggergeräusche von den Mönchlein der Zisterzienser. Da hast Du aber volles Geschütz aufgefahren, mein Lieber. Ich mag diese Jungs. «Ora et labora», kein schlechtes Motto für einen Mönchsorden. Laß die lieber nicht wissen, daß ich Dir erlaubt habe, meinen Antwortbrief an Dich hier zu veröffentlichen, bitte. Mag sein, der eine oder andere dort sieht sein Kommunikations-Monopol gefährdet (harr, harr… nur ein Scherz, Dschordschie, nur ein Scherz.).

Paß auf… (Nichts dabei denken. Das schreibe ich immer, wenn ich mich konzentrieren muß. Machst Du ja auch…) Wir machen das jetzt so: An diesem Wochenende passiert sowieso nichts. Nachher, später am Nachmittag, wird Dich die Leberambulanz von der Uniklinik zurückrufen. Denen hast Du ja alle Berichte und Blutergebnisse nebst Tumormarker-Werte gefaxt. Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Dich auffordern werden, sofort hinzufahren. Wenn, dann frühestens am Montag. Vorhin warst Du einkaufen, hast Flußkrebse, Krabben, Lachs, Möhren, Junge Kartoffeln und das ganze andere  Zeug eingekauft. Übrigens: Meistens leidet man bei einem bösartigen Lebertumor an Appetitlosigkeit. Das kann man von Dir nicht gerade behaupten, was wiegst Du jetzt? (denk Dir bitte ein trockenes, süffisantes Lachen aus dem Off). Koch‘ Dir am Wochenende etwas leckeres, mach von mir aus Photos davon und nerv damit Deine Leser, von denen die meisten sicher besser kochen können als Du. Arbeite ein bißchen — das Wetter wird sowieso durchwachsen. Und schalte einfach ab. Hast Du Deinem Jungen den Unterhalt schon überwiesen? Ja? Braver Junge, gut so. Und wenn sie Dir einen Termin geben zur Vorstellung in der Uniklinik, dann pack halt Deine Tasche, nimm das Kreuz mit, daß Dir das Mönchlein damals geschenkt hat und verlass‘ Dich drauf: Ich komme mit und werde bei Dir sein. Und falls Du dann wider erwarten doch zu mir kommst (ich glaub’s tatsächlich nicht), dann bringe ich Dich wieder mit Deinem Vater zusammen, wie Du es hier einmal beschrieben hast. Fest versprochen.

Laß Dich nicht hängen, Kerl. Sei ‚mal ’n Mann. Du bist schließlich Preuße!
Machet joot, leeve Jong.

Gott
PS: Laß Dir nichts erzählen von anderen. Wenn Dir danach ist, dann schreib‘ hier in Deinen Blog (Dein Tagebuch), was immer Du willst. Wen es stört, der geht halt anders mit seinen Problemen um als Du. Und wenn Du magst, schreib‘ mir ruhig wieder hier. — Dein treuer Blog-Leser Gott.

  1. Kommentar by MZS — 30. April 2010 @ 15:10

    Das liest man gern, kein übler Autor, der Herr.

  2. Kommentar by Sven — 30. April 2010 @ 16:50

    Ich glaube, ich habe noch nie einem Dialog mit Gott mitbekommen, der so natürlich abläuft wie zwischen Euch beiden, Herr Kraus. Es liest sich total, als wäre es das natürlichste von der Welt, sich mit Gott zu unterhalten.
    Ihnen alles Gute.
    Sven

  3. Kommentar by Preuße — 30. April 2010 @ 18:04

    Lieber Gott,
    es ist ein eigenartiges Gefühl, in seinem eigenen Blog einen (Gast-)Beitrag zu kommentieren. Du hättest mir ja auch diskret per ePost antworten können. Ja, ja, schon gut: Ich habe ja angefangen mit dem öffentlichen Dialog mit Dir.

    Nun also vielen Dank für Deine Antworten. Und auch für die von MZS und Sven. Ich werde mich an Deine Worte halten, Gott. Am 12. Mai gehe ich für drei Tage in die Uniklinik und die werden alle möglichen Sonden und Nadeln in mich hineinstopfen und Proben entnehmen. Dann habe ich zumindest eines: Gewißheit, was mir fehlt. Am Samstag, den 15. Mai, komme ich wieder heim und werde auch brav berichten. So. Und nun ist alles auf die Schiene gesetzt und ich werde mich wieder den angenehmen Seiten meines Lebens zuwenden: Meiner Arbeit und dem Schreiben meiner Texte hier.

    Heute gab es bei mir Junge Kartoffeln von der Insel Kreta, frisch gemachtes Möhrengemüse in Butter/Petersilie angebraten und zwei Spiegeleier. Beim Möhrenschaben ging die Hälfte der Haut an meinem rechten Daumen flöten, aber das macht nichts. Zum Ausgleich ist mir der Becher mit Haägen Dazs-Vanilleeis ausgelaufen, als ich den noch halbvollen Becher in mein nicht funktionierendes Tiefkühlfach vom Kühlschrank schieben wollte. Also habe ich dann den Kühlschrank ausgeräumt und geputzt. Joh…

    Grüß meinen Vatter, lieber Gott und allen Lesern wünsche ich ein schönes Wochenende.

    Georg

  4. Kommentar by floppy — 30. April 2010 @ 19:56

    So mein lieber Sir George,
    wie es aussieht, muss ich mich jetzt auch mal zu Wort melden. Ich kann mich nicht entsinnen, Dir erlaubt zu haben, mir alles nachzumachen. Nachdem nun das Kind in den berühmten Brunnen gefallen ist, hilft es nicht sich in die Ecke zu setzen und sich leid zu tun, sprich darüber nachzudenken, warum gerade ICH. Also Augen zu, Brust raus, Bauch rein und durch. Meine Erfahrung hat außerdem gezeigt, sich bei dem da oben auszuheulen hilft auch net, Du bist eh auf Dich allein gestellt.
    Er hat mir im letzten Jahr kein bisschen geholfen. Er hat mir keine Chemo abgenommen, keine OP – ich bin scheibchenweise in der Pathologie gelandet und glaub mir, ich habe reichlich Einzelteile geopfert, als Nachweis kann ich meine Verzierungen liefern. Und nu, nachdem ich mir eingebildet habe, es ist erst mal wieder geschafft, was ist, Pustekuchen …….. , reichlich Neuzüchtungen – wo ist denn da die Hilfe ??? Also fange ich, in geänderter Form, den ganzen Scheiss von vorne an, nur dass ich nun die Chemo ambulant mache – schlepp dann für 24 Stunden sone blöde Buddel mit mir rum. Da ich im Moment gaaaaaanz brav bin, darf ich zur Belohnung meine Haare behalten. Wenn es auch ein militärischer Kurzhaarschnitt ist, den ich noch unter meinem Fiffi verstecke, aber es sind MEINE.
    Gestern war ich erst mal wieder zum CT, Befund Status idem. Heute wurde ich mal wieder rund gemacht, dass ich schon wieder abgenommen habe, ok – dafür passe ich nun wieder in meine Klamotten von vor 10 Jahren – wie Du siehst, erfreue ich mich an so kleinen Sachen. Irgendwas braucht man schließlich, an dem man sich aufrichten und erfreuen kann. Es mag zwar makaber klingen, aber so gehe ich damit um. ICH WILL MICH NICHT UNTERKRIEGEN LASSEN. Ich habe es fast zwanzig Jahre geschafft und ich habe nicht die Absicht meine Rente zu verschenken. Da bin ich krasser Egoist.
    So mein lieber Dschordschie, nun werde ich Dir erst einmal den Hosenboden so richtig stramm ziehen. Und nun denk mal über meinen Vorschlag nach, dass wir gemeinsam in ein Hospiz einziehen. Was soll ich aber mit Dir da anfangen, wenn Du platt wie ein Käfer im Bette liegst ???
    Ich hab ja echt gedacht, wir könnten uns dann noch etwas im Internet vergnügen, auch, wenn Du willst, über Gott und die Welt plaudern, oder andere Sachen. Themen lassen sich bestimmt finden, nur nicht über Krankheiten.
    Dass war von meiner Seite erst einmal das Wort zum Freitag. Und nun grübel net länger drüber nach, ändern kannste eh nix und durch Grübeln geht das blöde Ding auch nicht weg.
    Liebe Grüße Floppy aus Bärlin

    PS: Morgen werde ich mich mal in meiner Behausung im fünften Stock verschanzen und meine Nase net aus der Türe halten, hab gehört, die Pflastersteine sollen sehr tief fliegen. So ab dem etwas späteren Nachmittag werde ich dann aus gesicherter Entfernung den Tanz der Hubschrauber vor meinem Fenster beobachten ……., the same Producere as every year 😛

  5. Kommentar by Preuße — 30. April 2010 @ 20:51

    Liebe Floppy,
    jeder muß seinen eigenen Weg finden, um mit dem Ende klarzukommen. Du weißt, daß ich Dich bewundere wegen Deiner Selbstdisziplin und Deinen nicht endenden Mut zum Kämpfen. Du wirst so weitermachen, bis Du komplett zwischen zwei Glasplättchen paßt, das weiß ich.

    Ich bin anders. Bevor es allzu arg wird, würde ich meinem Hang zum Melodram nachgeben und mit großer Geste abtreten wollen. Aber so weit ist es noch nicht. Weder bei mir, noch bei Dir. ^^

    Bis dahin lass uns noch ein bißchen weiter Destiniy Sphere spielen und Ledman und Duke van Dalle von der CCCP bashen, mh?

    Georg

  6. Kommentar by floppy — 30. April 2010 @ 21:17

    aber klaro doch – das ist dir richtige Einstellung. Abnehmen kann uns eh keiner unser Päckchen. Aber Du mußt mir versprechen, dass wir auch im Hospiz DestinySphere spielen 🙂 Wir schleppen dann beide unser Lappi an, kann man gut auf dem Nachttisch deponieren, alles ausprobiert. Wir müssen uns nur vorher schlau machen, ob die Internetanschluss haben.
    Du hast mir aber immer noch nicht meine Frage beantwortet, ob Du am 5.5. auf meine Waben aufpaßt ? Mich nervt aska-sowieso im Moment etwas, und ich bin an dem Tag auf einem Seminar, muss noch etwas für die Bildung tun.
    Und noch eins mein Lieber, wer wird wegen so einem Scheiss denn abtreten wollen ? Nun spucken wir beide dem Teufel in die Suppe, der soll ruhig merken, dass er das net umsonst gemacht hat.
    An dieser Stelle möchte ich mich noch dafür bedanken, dass es nun doch ein paar Smileys gibt. Da ich weiß, dass Du die an sich nicht magst, verspreche ich Dir, gaaaaaaaaaaanz sparsam damit umzugehen (Finger hinter’m Rücken kreuz).
    Ob Du nun willst oder nicht, ich werde Dich mal virtuell ganz dolle knuddeln.
    Floppy 🙂

  7. Kommentar by Preuße — 1. Mai 2010 @ 05:36

    Diese Hospiz-Sache erschreckt mich zutiefst. Macht mich innerlich völlig starr, unfähig, zu denken, wie ein Karnickel vor der Schlange. (Ob das übrigens wirklich so ist, daß so ein Kanin vor Schreck erstarrt, wenn es einer Schlange begegnet? Oder nur ein Märchen? Würde mich interessieren). Ich denke, Du verstehst das, Floppy.

    Auf Deine Anfrage wegen Deiner Vertretung im Spiel am 5. Mai gehe ich — wie immer — gar nicht ein. Ist doch klar, daß ich das mache. Habe ich Dich je hängenlassen? Ja? Tatsächlich? Oh. Ehm. Dann formuliere ich das neu: Ja, klar mache ich das. Ich habe es mir sogar in meinem Geschäftsterminer notiert. Mehr kann ich nicht tun. Zur Erklärung für Mitleser: Ich habe B., Spielername: TheFlopp, in einem Online-Spiel kennengelernt, daß ch seit Ende 2007 betreibe. Zuvor und auch später kam mir so etwas nie in den Sinn. Aber damals erschien es mir sinnvoll, weil ich endlich einmal wissen wollte, was mein damals 16jähriger Sohn den ganzen Tag im Weltnetz treibt. Er hatte nichts dagegen, daß ich mich dort anmeldete. Er selbst spielt dieses Strategiespiel schon lange nicht mehr, ich bin irgendwie hängengeblieben. Man spielt in sog. Allianzen mit (früher) bis zu 40 Spielern gegeneinander. Es geht, grob gesagt, darum, die eigene Allianz langfristig an die Spitze des Rankings zu bringen, indem man andere Allianzen bekämpft. Ihnen die Ressourcen klaut und Ihnen die Kampfeinheiten zerschießt. Ursprünglich ein russisches Spiel, wird es auf unserer Spielewelt von der russischen Allianz CCCP dominiert, gegen die wir, die Phoenix, uns zur Wehr setzen bzw. sie in manchen Schlachten auch besiegen. Für den Angriff bildet man sog. Kampf-Teams und es hat sich ergeben, daß TheFlopp, Spitzname Floppy, als Späher und ich als Kämpfer, ein solches gebildet haben. Die Phoenix bestand/besteht aus rund 25 Spielern, viele Schweizer dabei, von denen allerdings mittlerweile viele inaktiv sind. Die meisten Spieler sind tatsächlich zwischen 30 und 50 Jahre alt. Es macht einfach Spaß. Oberflächlichen, nicht sehr wichtigen Spaß. Und hat überhaupt nichts mit meinen Befürchtungen in Bezug auf Online-Spiele zu tun, die damals, 2007, von den Medien in ihrer undifferenzierten „Aufklärungskampagne“ gegen Ballerspiele, genährt wurden.

    Noch mal zu meinem Ursprungsthema hier zurück: Jeder geht anders mit so einer Sache um. Und jeder wird sich wohl in jedem neuen Stadium der Entwicklung — an deren Ende zweifelsohne immer der letzte Schritt stehen wird — immer wieder erneut die Frage stellen: Ist dies nun noch akzeptabel. Früher dachte ich sehr simpel, schwarz-weiß halt, so, wie ich selbst ja gerne wäre, aber sicher nicht bin. Ich habe gelernt, daß „es geht mir schlecht“ und „es geht mir gut“ relative Begriffe sind.

    Jeder hat irrationale Ängste, z.B. zur Frage, was nach dem Tod ist. Die habe ich nie gehabt. So oder so: Wenn es keinen Gott gibt, gehe ich, rein physikalisch bewiesen (Energiesatz), wieder ins Große Ganze über. 90% meines Körpers besteht aus Wasserstoffatomen und die sind unzerstörbar, wurden vor Äonen in Supernovae gebildet. Für mich hat dieser Gedanke durchaus etwas erhabenes, tröstliches. Oder aber, es gibt Ihn und dann weiß ich ganz einfach: Mensch, so ein schlechter Kerl war ich nie, als daß Er meine Fehltritte allzu streng würde beurteilen müssen. Also komme ich dann „in den Himmel“. Das soll übrigens eines meiner nächsten Blog-Themen hier sein. Damit dann auch Theologen und Philosophen unter den Lesern etwas zum Lachen haben, ob meiner naiven Sichtweise.

    Mein ganzes Leben lang war immer mein oberstes Ziel, mein Sehnen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Das hat mich geprägt. Das wurde sogar in einer Therapie, die ich in meiner späten Jugend gemacht habe, aufgearbeitet. Der Grund liegt in meiner Kindheit, ich rede nie drüber, habe das Thema abgeschlossen für mich. Denn der Alte konnte nichts dafür, war selbst Produkt seiner eigenen Prägung in seiner Kindheit und Jugend als herumgeschubste deutsche Minderheit in Polen und dann im Weltkrieg. Zu einem selbstbestimmten Leben gehört für mich durchaus auch dazu, selbst zu bestimmen, wann meine Grenze des Ertragens erreicht ist und dann daraus die Konsequenz zu ziehen. Da paßt kein Hospiz ins Bild. Tut mir leid. Deshalb wahrscheinlich auch mein Schrecken davor.

    Floppy, wir werden es noch auf Jahre weiter durchstehen. Und wenn es Ihn tatsächlich gibt, lege ich ein gutes Wort für Dich bei ihm ein. Denn Gott hin, Gott her… das soll Er mir erst einmal erklären, was Du angestellt haben solltest, auf daß Er Dich so leiden läßt. Bis dahin nehme ich mir Dich weiterhin völlig schamlos als Vorbild für den Umgang mit dieser Sache und auch als Kämpfer. Ich kann Dir gar nicht beschreiben, wie großen Respekt ich davor habe.

    Georg
    PS: Ich steh‘ auf Frauen mit extrem kurzen Haaren. Das war schon immer so. Weiß der Teufel, warum…

  8. Kommentar by Schwester Maria — 5. Mai 2010 @ 14:20

    Hi lieber Bruder,
    ne muss nicht in Ohnmacht fallen – ich bins nur. Ich hatte eigentlich keinen Bock mehr Dir zu schreiben, weill Du immer wieder betonst, dass du mich nicht verstehst – weil ich Dir zu emotional bin. Was auch immer Du darunter verstehst – mir egal. Meine Emotionalität war und ist für mich überlebenswichtig. Wenn ich weniger emotional wäre,hätte ich meinen jetzigen Kerl garnicht kennengelernt. Und dafür fall ich auf die Knie und das mit 62. Okay ich weiss, es interessiert Dich nicht. Aber jetzt wird es mal wirklich Zeit, dass Du einsamer Löwe bitte nur an Dich selber denkst!!! Noch weist Du doch garnicht, was da in Dir ist. Aber wenns was Negatives ist: Dann setz Dich in die Sonne und such Dir ne geile Braut – eine die es ganz lieb mit Dir meint und bei Dir bleibt!! Und das muss ich heute erfahren – am Geburtstag unserer jüngsten Schwester (40).
    Ich glaub Du hättest Floppy mal etwas früher kennenlernen sllen.
    Manchmal hilft eben nur Emotionalität – unsere Gefühle (egal welche) sind immer da, die kann uns doch keiner nehmen, die verstecken sich nur bisweilen.
    Dicken Kuss für Dich Bruderherz

  9. Kommentar by Preuße — 5. Mai 2010 @ 15:31

    *) Vom Blogwart zensiert…

    ÄCHTZ.

    «Sire, gewähren Sie Gedankenfreiheit!»

    Joh, Schiller… schon gut, mach‘ ich.
    Auch älteren Schwestern gegenüber 🙂

    Liebe Schwester: Mir geht es gut.
    Die Menschen sind schlecht,
    sie denken an sich.
    Nur ich denk‘ an mich.

    Danke für Deinen Kommentar, meine liebe Vulkana Explosiva Erupta.
    Eyjafjalla ist ein Fürzchen gegen Dich. Wenn Du mal losgehst, werden sie weltweit den Flugverkehr einstellen müssen wegen der Schwefelwolken. 😉

  10. Kommentar by Preuße — 5. Mai 2010 @ 20:54

    Ach ja, noch etwas: Wenn ich immer wieder einmal betone, wie emotional Du bist, dann immer mit einem Grundtenor der Bewunderung. Das habe ich sogar — ich bin mir sicher — irgendwo hier geschrieben. Deine schiere Lebenslust, die Dir aus jeder Pore Deines Körpers dringt, ist mir eher morbidem, düstern Typ fremd, erscheint mir beneidenswert. Aber ich bin halt anders. Deine Emotionalität erschreckt mich auch ein bißchen. Hat sie schon immer. Dafür kann ich nichts.

    Schreib‘ bloß weiter. Immerhin haben wir einander ja schon seit fast 55 Jahren gegenseitig am Hals. Warst Du das nicht, die Mutter gesagt hat, sie soll mich auf den Speicher bringen, weil ich soviel plärre? Damals in Remscheid-Lennep? Und war es nicht ich, der Dir zum Geburtstag eine Messinglinien-Collage gebaut hat in Herzform? Das ist halt meine Art, Emotion (Zuneigung) zu zeigen. Wat nu‘ noch??

    Unsere Kommunikation via Blog gefällt mir irgendwie.. ^^

  11. Kommentar by floppy — 8. Mai 2010 @ 12:14

    Ne, Ne Maria, schreiben Sie nur weiter. Ich lese Ihre seltenen Antworten immer sehr gern. Schön, wie Sie unseren ollen Knurrhahn ab und an in die richtige Schiene bringen und in den Popo treten, er braucht das hin und wieder. Im übrigen ist es doch so, er tut nur so hart, im Inneren hat er einen sehr weichen Kern – man muss ihn einfach nur zum Knuuddeln gern haben – ja, ja Georgy, ich weiss das ist nicht, du willst ja lieber alleine Deine Kreise ziehen.
    Aber bleib wie Du bist, Du bist auf dem richtigen Weg. Irgendwie habe ich den Eindruck, dass Du so in etwa den Weg einschlägst, den ich gegeangen bin und noch gehe – du fügst Dich zwar in Dein Schicksal, aber versuchst nicht, Dich unterkriegen zu lassen. Da sich Dein Schutzengel auch schon zu Wort gemeldet hat bin ich mir sicher, Du schaffst das, hast ja einen starken Beistand. Sich zu vergraben, zu bedauern und hängen zu lassen bringt nix, also alles das Angehen, was Dir Spaß macht und was Dich gut ablenkt. OK, ich muss ehrlich zugeben, ich habe auch so Tage, an denen mich eine gewisse Traurigkeit überkommt, was ich alles noch für Pläne hatte und machen wollte, aber ich WILL diese Gedanken nicht zulassen, also mal fix ins Internet, mit anderen Plaudern, auch wenn es der größte Blödsinn ist, oder mal zum Telefon greifen und über Gott und die Welt plaudern, sich zum Eis essen verabreden usw. usf.. Es gibt so vieles, was man machen kann.
    OK, durch meine blöde Haxen ist mein Bewegungsradius etwas eingeschränkt, durch die noch blödere Chemo auch meine anderen Aktivitäten – Essen gehen usw., ich muss ja immer etwas drauf achten was drinne bleibt und was net, zumal von einer Pizza schaff ich grad mal ein Viertel – dafür bin ich dann wieder zu geizig. Aber ein leckeres Eis – am liebsten Schoki, Kiwi (kein Vanille bäääääääääh) paßt immer. Gestern hat man grad wieder mal die Chemo abgeklemmt, noch zwei Tage an denen mir Essen wie Essen schmeckt, soll heißen, Steak schmeckt wie Steak, Fisch wie Fisch etc., ab dann geht es los, dass alles wie Stroh schmeckt. Also stopf ich jetzt alles in mich rein, was paßt. Die nächsten Tage kann man mir dann ein leckeres Steak mit Bismarckhering und Gummibärchen vorsetzen, von der Optik her würde ich dann sagen es paßt net, aber schmecken ………, ich merk da nix, schmeckt halt wie Stroh.
    So mein großer Held, zum guten Schlus möchte ich Dir noch eines mit auf den Weg geben: auch wenn Deine große Schwester Dich schon einige Zeit ertragen muss, mach ihr keinen Kummer, denn aus ihren Worten kann man herauslesen, dass sie Dich nicht missen möchte, auch wenn Du sie ab und an ganz schön geärgert haben wirst. Und bewundere nicht immer andere und habe Respekt. Bewundere Dich mal selbst, was Du alles geschafft hast in der letzten Zeit, und auch dieses wirst Du packen. Mach Dir net zu viele Gedanken was sein wird, Du kannst es eh nicht beeinflussen, man muss alles auf sich zukommen lassen. Dein Schutzengel wird eh auf Dich aufpassen und alle Deine Freunde und Bekannten werden Dir gaaaaaaaaaaaaaanz feste die Daumen drücken.
    LG Floppy (K) 🙂

  12. Kommentar by Schwester Maria — 10. Mai 2010 @ 09:56

    Hi Bruderherz,
    freut mich doch der Beitrag von Floppy sehr!! Und was Dich betrifft kleiner Bruder: lass mal die alten Kamellen da wo sie sind. Je mehr Du davon hörst, je mehr Gedanken dazu geflochten werden: es stimmt nixnikkensen! Das ist wie das Spiel: wie entsteht ein Gerücht.
    Meine Nichte hat mir am Geburtstag Deiner 40jährigen Schwester nen super Spruch gebracht: „Benimm dich doch mal altersgemäß“. Was soll ich einem lebensunreifen Menschen von 25 darauf schon antworten? Aber Spießer outen sich halt ganz von selbst – dabei hab ich nix gemacht oder gesagt – ich war nur anwesend.
    Na ja, gestern war Muttertag – ich vernachlässige sowas konstant. Wir hatten uns ja eine Woche vorher gesehen. Aber wie ich Dich kenne, warst Du bei Mama? Iss ja auch jut so! Wann machst Du Dich auf den Weg in die Uni? Nimmst Du Dein Laptop mit? Können wir schreiben, wenn Du willst – ich komm Dich auch besuchen. Sag mir was Du brauchst: was brauchst Du so? Ich hab Zeit. Ich denk an Dich Herzken!! Deine mittlere Schwester

  13. Kommentar by floppy — 10. Mai 2010 @ 20:04

    hallo Frau Maria, nett von Ihnen zu lesen. Den kleinen Bruder in der Uni-Klinik zu besuchen würde ich mal sein lassen, dafür hat er keine Zeit, er muss ja die kleinen Krankenschwestern jagen bzw. zur Weißglut bringen – gibt es heute keine Flusskrebse, ich will meine Flusskrebse – rääääääbääääääääääh. Ich glaube wir packen ihm für die paar Tage mal ein richtiges Care-Paket. Damit sind zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, die Krankenschwestern haben ihre Ruhe und der Lütte ist glücklich.
    Schleppi mitnehmen ist immer gut, aber net vergessen, wenn man aus Zimmer geht gut einschliessen, sonst hat man anschließend evtl. zwei, es wird da gern geklaut – habe ich an eigenem Leib erfahren. Gebe meinen Kram (war auf dem Weg zum OP) zur Aufbewahrung in treuem Glauben, es wird gut eingeschlossen. Zum Glück Schleppi diesmal net mitgenommen (puuh, das wäre teuer geworden). Es hat auch so gereicht, als ich mein Zeugs wiederbekam, war ich arm wie eine Kirchenmaus, mein ganzes Geld, was ich dabei hatte, war weg. Sonst fehlt zum Glück nix, Schmuck hatte ich auch nicht mit, Handy war noch da, aber das Geld allein hat schon gereicht. Also – hübsch auf die Sachen aufpassen.
    Aber ich hoffe doch sehr, dass unser Sir George trotz allem noch etwas Muße findet weiterhin seine Geschichten zu schreiben, womit er sich ja gut ablenken kann.
    Also Georgy, dann mal so langsam auf in den Kampf, schmetter ein kräftig Liedchen, hast ja so einige auf Lager, und lass Dich net unterkriegen. UNS gehört die Welt und was uns gehört, das geben wir nicht auf, zumindest nicht freiwillig.
    Und wenn Du mir die kleinen Krankenschwestern zu sehr ärgerst, dann gibt es was auf die Pfoten …………. 😛

    LG floppy 🙂

  14. Kommentar by schwester maria — 14. Mai 2010 @ 10:47

    Hi Bruderherz,
    ich denk an dich und hoffe, dass die mir zugetragene Diagnose so nicht amtlich ist. Abwarten ist schwer – muss aber sein. Solltest Du am Samstag wieder nach Hause kommen können bin ich gespannt auf eine Nachricht. Aber diesmal geb ich Dir was ab von meiner Power kannste vielleicht gebrauchen. Dicke Umarmung. Deine Schwester

    _________________________
    *freigeschaltet von H.

  15. Kommentar by floppy — 14. Mai 2010 @ 16:44

    kann zwar auch nicht mehr viel abgeben, aber das was ich habe teile ich gern mit „meinem“ Sir George. Ne Umarmung auch von mir.
    floppy
    ________________________________
    *freigeschaltet von H.

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