Bevor wir, also Sie und ich, nun in die pseudo-tiefenpsychologische Analyse des Neo-Afrikanismus einsteigen, der uns, die führenden Fußball-Nationen der Welt, durch Unterdrückung unserer rituellen Interaktion zwischen Fan und Spieler den Spielfluß zerstören, sollten wir alle zunächst einmal wissen, worüber wir sprechen. Dies ist eine Vuvuzela. Ja, ja. Das afrikanische Original ist andersfarbig gespritzt, aber soviel Patriotismus darf doch wohl sein, oder nicht?
Die Vuvuzela wird oral betrieben. Es gibt auch elektrisch unterstützte Gerätschaften, aber Claudia Roth, die Gute Mutter Erde der Bundesrepublik, weist zurecht darauf hin, daß es keinen Sinn macht, einerseits bis zum 15fachen überteuerten und deshalb subventionierten Strom mit Windkrafträdern zu produzieren, um mit diesem dann elektrische Tröten zu produzieren, deren Treibgas dann wiederum die These der Frau Bundeskanzlerin unterstützt, das Ozonloch werde immer größer.
Den Südafrikaner an sich schert das einen feuchten Kehricht. Er bläst das Horn, trötet sich die Seele aus dem schwarzen Leib. Wobei auch die vielen Besucher anderer Kontinente mit Begeisterung ihre orale Phase ausleben und blasen, was das Zeug hält. Die Dinger werden übrigens in China produziert. Man sieht: Die Gelbe Gefahr lauert überall.
Der permanente, bis zu 100 dB laute Tröt der Wuwu Seelers, wie der Deutsche Fan die Tröten gerne nennt, liegt als permanente Nervenlast auf Moderation — die Gesichtszüge Günther Netzers werden immer griesgrämiger. Ich glaube, allein der Vuvuzelas halber hat er schon seine Bereitschaft zur Co-Moderation an der Seite Dellings bereut.
Nun hat sich auch Bild.de des Problems angenommen und titelt: Die Fifa vertrö(s)tet uns. Sepp Blatter vertritt die Meinung, dieses Tröten sei Bestandteil der südafrikanischen Kultur. Nun ja. Wäre ich Südafrikaner, wäre ich jetzt beleidigt. Als Westeuropäer möchte ich spontan Gloria von Thurn und Taxis Weisheit ergänzen: «Der Schwarze schnakselt gern.» Und bläst dabei die Vuvuzela. Vielleicht ist ja das der Schlüssel zum Verständnis. Schnakseln sie auf den Tribünen während des Spiels? Ich stelle mir das sehr anstrengend vor. Habe allerdings auch noch nie versucht, 2 x 45 Minuten am Stück zu koitieren.
Wie so oft, gehen die Proteste der Fans — hunderttausendfach im Weltnetz zu finden — am Kernproblem vorbei. Denn das Infame am Vuvuzela-Trööt ist, daß es die Komminikation zwischen Fans und Spielern unterdrückt. Wir sprechen also von einer Unterbindung der freien Kommunikation. Waka Waka!
Wer kennt nicht die weltweiten Schlachtgesänge der Fans, die schon vor Beginn des Spiels durch die Stadien hallen? Die überhaupt erst einmal ein Wir-Gefühl unter den Fans aufbauen? Wer kennt nicht die Vorsänger, die ihre jeweiligen Fan-Gruppen — ein Dutzend bis hin zu mehreren hundert an der Zahl — in das frenetische Stakkato ihrer Leadership bringen? Sieht das nicht original aus wie das sich Aufpeitschen der sich gegenüberstehenden Kriegermassen der Wilden Zeiten, adaptiert auf unsere Neuzeit? Was macht der Südafrikaner? Trööööt…
Auch, wenn mir von akademischer Seite widersprochen werden wird, so bleibe ich dabei: Es gibt eine Interaktion zwischen Fans und Spielern. Und diese wird von Fan-Seite über die Schlachtgesänge initiiert. «Mach die Sau doch platt.» als Aufforderung zur Blutgrätsche — ein probates Mittel zur Einschüchterung des Gegners, der ja mithört. Oder die auffordernde Armebewegung des Spielers vor der Südkurve «Ich hör‘ nix, Ihr Laumänner.». All das geht verloren im Trööt.
Grundsätzlich bin ich gegen Verbote. Nein, ich will dem Südafrikaner seinen Blowjob nicht nehmen. Aber auch er, der Afrikaner, muß verstehen: Multi-Kulti rulez! Das muß respektiert werden. Ich sage nur: One World — One Future! Also laßt uns auch einmal zu Wort kommen zwischen zwei Trööts. Spätestens heute Abend beim Spiel Deutschland vs. Australien.
Den besten Fangesang hast du aber vergessen:
http://www.youtube.com/watch?v=D1elUxsvG7s
Fakten, Fakten, Fakten:
4. Reihe von oben, 7. Fan von rechts: Matthias, bekennender Hannover 96-Fan:
http://www.youtube.com/watch?v=vVnqekcZGRI
🙂
So ein Spiel ist mir nur halb soviel wert ohne die Schlachtgesänge und -rituale.
http://news.bbc.co.uk/sport2/hi/football/world_cup_2010/8737455.stm
Der Fußball gefällt mir nicht mehr, das ist das Resultat
Recht hat Roberta!
Der Dauertrötdruck auf Ohren und Geist ist schrecklich ermüdend und erstickt emotionale Gefühle direkt im Keim.
Ich buche das freundlich unter „andere Länder, andere Sitten“. Eben so, wie wir in der EU auch keine Hamburger und Sizilianer vernünftig unter einen Hut bringen werden können oder noch schwieriger: einen Münchner und einen Rheinländer (oder aussichtslos: einen Düsseldorfer und Kölner)!
So ist’s!