Das Café Feit hat sich bei Google Maps eingetragen Das lob‘ ich mir. Zeigt es doch, daß man sehr wohl ein Traditions-Café betreiben und dennoch akzeptieren kann, daß die (Kommunikations-)Uhren heute anders ticken.
Es gibt in Ratingen zwei, drei solcher klassischen Cafés. Zumeist frequentiert von der älteren Generation jenseits der 70 «In meiner Jugend habe ich den Kaiser gesehen bei seinem Besuch in Düsseldorf.». Interessant, aber für mich nicht frühstücks-kompatibel. Hier gibts leckere Torten und Kuchen, klassische leichte Speisen zum Mittag und natürlich auch das Likörchen oder Pikkolöchen wird angeboten, das sich schon meine Oma jeden Mittag ausbat — «für’n Kreislauf, leewe Jong.». Alles in allem: Ü75-Party, täglich neu. Und ehrlich gesagt: Abtörnend, wenn man zum fit werden gerade Rory Gallagher gehört hat.
Eine wohltuende Ausnahme macht da das Café Feit. Man hat hier im vorderen Bereich des Cafés eine Frühstücks-Ecke an Stehtischen mit Hochhockern eingerichtet — der Jurassic Park bleibt hinten — künstliche Hüftgelenke vertragen sich nicht mit Hochhockern. Ist das senioren-feindlich? Iwoh… im Winter sitze ich gern hinten, zieh‘ mir ein Stück Buttercreme-Torte rein und laß mir vom Ratinger Klüngel der 60er erzählen, als die Ratinger Bauern steinreich wurden, weil ihre Kumpane Repräsentanten in Stadt und Kreis dafür sorgten, daß ihr Ackerland zu Bauland wurde. Rheinländer-Klüngel. Darüber regt man sich hier genau so wenig auf wie über die Camorra in Neapel. Man lacht darüber (sofern man noch Humor hat), wenn der Ratinger Stadtrat den Bürgerentscheid zur Frage «Neubau oder Renovierung?» des Rathauses solange aussitzt, bis der Entscheid seine Rechtmäßigkeit verliert und danach intern darüber nachdenkt, wer womit am meisten Geld verdient.
Aber jetzt, im Sommer, ist mir nicht nach Politik. Ich will Menschen gucken, lecker Brötchen essen, Kaffee trinken und von der«Gauloise danach» träumen, die ich hier drin natürlich nicht rauchen darf. Es gibt frisch belegte Brötchen und Croissants, der Kaffee ist allererste Sahne, das Personal genau richtig: Sehr freundlich, aber nicht nervend.
Ich bestelle mir heute ein großes Milchbrötchen mit Quark und Marmelade mit ’ner guten Tasse Kaffee. Und schaue mir das sommerliche Gewusel der Wochenendeinkäufer vor dem Fenster in Ruhe an. 2,70 Euro dafür erscheint mir völlig in Ordnung.
Man hat durch das große Schaufenster einen herorragenden Blick auf die Fußgängerzone — die gesamte Ratinger Innenstadt ist für Autos gesperrt. Dennoch liegt das Café Feit nur einen Häuserblock von meinem Parkplatz-Geheimtipp entfernt: Für das halbe Frühstücks-Stündchen parke ich meist auf der Bahnstraße 8 vor van Dorp, dem Haushaltwarengeschäft gegenüber der Sparkasse. Joh, ich weiß: Dort ist Eingeschränktes Halteverbot — verstoßen doch auch Sie einmal gegen das Gesetz und machen Sie sich zum Outlaw. Ich verspreche Ihnen: Es fühlt sich prima an.
Nach dem Frühstück bietet es sich an, die berühmten Pralinen vom Café Feit mitzunehmen. Oder, im Herbst, die selbstgemachten Baumkuchen. Oder die Buttercreme-Torte für den Kaffeeklatsch am Nachmittag zu Hause. Waka, waka!!! Aber wenn Sie, wie ich, nicht noch fetter werden wollen, dann grüßen Sie die kleine Dunkelhaarige mit den grün-blauen Augen vorn an der Theke mit einem freundlichen rheinländischen «Tschüühüüsss.» (Betonung bitte auf der zweiten Silbe). Sie wird’s Ihnen genau so danken.
Einmal in der Innenstadt, bin ich dann gleich noch links, Richtung Markt, zum Fischhändler gegangen und habe für’s Wochenende eingekauft: Riesengarnelen, Thunfisch-Steaks und Jakobsmuscheln. Aber davon später…