Radio ist mein bevorzugtes Medium. Es kann viel spannender sein als Fernsehen, weil es Kopfkino erzeugen kann und mich nicht zum stumpfen Konsumenten macht wie Fernsehen.
Bis weit in die 80er Jahre gab es ganz hervorragende deutsche Radio-Sender und -Sendungen. SWF3 habe ich lange Zeit gehört. Da gab es lange Jahre jeden Mittag eine Stunde lang Musikprogramm, das irgendwelche Büro- oder Betriebsgemeinschaften zusammengestellt hatten. Oder die holländischen Piratensender in den 70er Jahren, die von kleinen Schiffen vor der 3-Meilen-Zone der Niederlande ausgestrahlt wurde. Das waren geile Sendungen.
Irgendwann, ich glaube, zu Beginn der 90er Jahre, wurde es dann bei allen Sendern Usus, nur noch bestimmte Musik-Karussels zu spielen. Jeder Moderator hat ein Repertoire von 60—100 Liedern und er darf dann ganz allein die Reihenfolge bestimmen, in der die abgespielt werden. Gott, was ist das tödlich langweilig geworden.
Heute höre ich normalerweise WDR 2. Das Programm ist zwar sterbenslangweilig, oh, ich wollte nicht mehr vom Sterben schreiben, also sagen wir: zum Erbrechen langweilig. Aber immerhin übertragen sie Donnerstagsvormittag nicht mehr Carmen Thomas mit ihrem «Hallo Ü-Wagen», in der sie den Hörern erklärt, wie gesund menschlicher Urin ist bei äußerer und innerer Anwendung. Arghhhh…
Über Ostern gab es dort auf WDR 2 die letzte Sendung, die mir wirklich sehr gut gefallen hatte. Die Hörer wählten die 100 besten Lieder aus, die je komponiert wurden. Das war so eine Art Reise in meine musikalische Vergangenheit, prima. Gut, es gibt dort auch sonntagsabends eine gute Sendung. Ein eher betulich gewordener Moderator, dessen Namen mir leider im Moment entfallen ist — und ich bin zu träge, ihn zu recherchieren — läßt zwei Greise in meinem Alter gegeneinander antreten und Fragen beantworten. Wer gewinnt, darf dann zu Chris de Burgh oder so etwas anderes Weichgespültes.
Fazit: Alle gängigen Radioprogramme sind völlig kommerzialisiert — langweiliger Kram.
Aber es gibt durchaus Alternativen. So findet man über iTunes von Apple jede Menge, nach Genres sortierte Internet-Radiosender rund um die Welt, die man sich anhören kann. Das kann durchaus interessant sein.
Überhaupt: Das Internet bietet zumindest theoretisch eine Demokratisierung der Radioausstrahlung. Man braucht nicht viel, um dort sein eigenes Programm zusammenzustellen und zu verbreiten. Wenn, ja, wenn die GEMA nicht wäre. Die verlangt ihren Anteil für das Abspielen eines jeden Liedes. Und das wiederum erstickt die theoretische Demokratisierung.
Matthias, der mir meine geschäftliche Netzseite aufgebaut hat und den ich seit einer halben Ewigkeit kenne, war vor Jahren einmal beruflich in ein solches Internetradio-Projekt involviert. Und dachte, daß das genau das richtige für mich sei. Er brachte mich in Kontakt zu den anderen Verantwortlichen und ich habe dann über ein Jahr lang einmal wöchentlich sonntagsabends eine Radiosendung moderiert: «Preußen Rockt». Das hat jede Menge Spaß gemacht. Ich konnte nicht nur genau die Musik spielen, die mir gefiel, sondern mich auch als Live-Moderator austoben. Habe politische Tagesereignisse kommentiert und persifliert, Angela Merkel 200.000 Flammenwerfer für Afghanistan fordern lassen, um dort die Mohnfelder abzubrennen und solche Sachen. Meine Kunstfigur «Suzie Deutschland» war immer mit von der Partie. Die Kommunikation mit den Hörern lief über eine sogenannte Shout Box, eine Art Live-Messanger. Dolle Sache. Irgendwann war dann leider Schluß damit.
Seit ein paar Tagen höre ich ausschließlich den Internetsender ASFALT RADIO. Ein französischer Sender — ich verstehe kein Wort von den Moderationen, aber so etwas von geiler Musik. Hört unbedingt einmal rein. Da kann man die Standard-Sender wirklich vergessen.
http://www.asfaltradio.com/index.html